Viele fragen mich immer wieder, warum ich vor Jahren ins Burgenland gezogen bin? Dazu muss man wissen, dass ich in Wien geboren und aufgewachsen bin. Gerade mal so, laut Erzählungen. Eigentlich sollte ich in Deutschland zur Welt kommen, aber wie alles im Leben, kam auch das anders. So bin ich in Wien geschlüpft. So richtig wohlgefühlt habe ich mich nie und das haben auch meine gefühlten 300 Umzüge nicht gut gemacht. Ich sage immer, dass ich so ziemlich in jedem Wiener Bezirk mal gelebt habe, meistens ja nicht so lange, aber quasi durchgereist. Ich kann mich erinnern, ich hatte damals im 1.Bezirk gewohnt und – ja, das mag für viele imposant klingen, war aber voll nicht meines. Aber das ist eine andere Geschichte. In jedem Fall kann ich mich erinnern, es war Sommer und ohne viel zu überlegen – wie öfters – hab ich meine Wohnung gekündigt. Ich kannte nur einen Ort, wo ich unbedingt hinwollte, wo es meine Seele seit jeher hinzog und das war das Burgenland. Genauer gesagt, der Bezirk Neusiedl am See.
Um mich zu verstehen, muss man wissen, dass meine „Eltern“, „Freunde“ (puh, viele Anführungszeichen) hatten, so das überhaupt möglich war oder ist, die im Seepark in Weiden ein Haus hatten und ab und an hat mich meine Mutter dort abgesetzt, ausgesetzt oder wie immer die korrekte Formulierung war. Das was wirklich wesentlich ist, ist die Tatsache, dass dies die einzige Zeit in meiner Kindheit war, in der ich Kind sein durfte. Ich durfte Radfahren mit anderen Kindern, ungezwungenen Spaß haben, frei lachen. Und ich hatte so etwas wie Sicherheit. Die Familie war super lieb, fürsorglich und freundlich. Sie hatten sich immer viel Zeit für mich genommen und viel mit mir gelacht. Ich kann mich gut erinnern, dass der Mann gerne vor seinem Haus gefischt hat. Das Hobby an sich war mir damals wie heute fremd, aber das besondere war, dass er sich fürs Fischen immer einen süßen Maisteig machte, der neben ihm lag und den hab ich immer gerne gemümmelt. Er hat mich dann immer aufgezogen und gelacht. Also zumeist würde man sagen, normal in einer Familie. Für mich war es das nicht, ich kannte das nicht, hatte das nicht. So wurde dieser Platz also mein Hafen, mein sicheres Fleckerl. Obwohl der Kontakt nicht bestehen blieb, leider, blieb meine Seele dort stecken. Damals war für mich klar, dass das mein Heimathafen ist und das ich irgendwann ein Autokennzeichen haben werde, welches mit ND beginnt.
Ich habe es nie, keine einzige Millisekunde bereut, hier zu wohnen. Ich liebe es! Es ist immer wieder so, dass ich glasige Augen bekomme, wenn ich in der Früh in den Stall zu meinem Pferd fahre und die Sonne aufgeht, ich die Ruhe und den Frieden genießen darf, den ich nie hatte und hier gefunden habe. Aber da ist mehr. Ich „plumpse“ sozusagen in die Felder hinein, wann immer ich mit meinem Hund gehe. Da sind Rehe und Hasen die an mir vorbei hoppeln und im Sommer, lass ich Ella (meine Hündin) regelmäßig in den riesigen Feldbewässerungsanlagen erfrischen.
Ich mag, dass man sich hier grüßt, Hallo zuruft. In Wien kann man das natürlich machen, wahlweise hat man dann viele ungeliebte neue Freunde oder recht schnell eine „Ich-hab-dich-lieb-Jacke“ am Leib. Die Menschen hier helfen sich gegenseitig. Hey, probiere das mal in Wien. Sei mutig und läute bei Nachbarn und frag mal um Hilfe bei der Gartenarbeit. Yeah! Ja, ich weiß, das klingt jetzt sehr arg kategorisch und wertend. Klar, ist das nicht überall und immer so, aber ich denke schon mehrheitlich. Es ist einfach anders, wie ja auch der Werbeslogan sagt: „Wien ist anders!“ Und das ist ja auch okay. So hat jeder ein Fleckerl, wo er sich wohlfühlt. Ich fühle mich hier wohl.
Aber es gibt mehr Vorteile: Ich habe grundsätzlich und immer, egal wo ich hinfahre, einen Parkplatz, ist so. „Leck die Bananenschale“, das war was in Wien. Ich erinnere mich, meine allererste Wohnung war im 17.Bezirk. Damals gab es noch kein Parkpickerl oder ähnliches. Ich kann mich erinnern, es war egal wann ich nach Hause kam ich hab regelmäßig mindestens 30 Minuten nach einer Parklücke gesucht. Es gab Zeiten, da wollte ich einfach nicht mehr und habe ernsthaft darüber nachgedacht, das Auto mitten auf der Straße stehen zu lassen. Lustig, ist auch die Tatsache, dass man in Wien gewöhnt ist an extremen Verkehr, viele Autos, viele Menschen, man wird so etwas wie eine Kampfmaschine. Es hilft ja nix, ich muss in den Kreisverkehr rein oder Spur wechseln und das macht man dann auch, ohne wenn und aber. Hier ist es zumeist viel freundlicher, eventuell liegt das daran, dass man sich kennt und vielleicht auch mag. Aber sicher kennt jeder jeden und da geht man anders miteinander um. In Wien, kenn ich grundsätzlich mal niemanden und ich will auch niemanden kennen. Schon gar nicht, wenn es um die letzte freie Parklücke geht. Schmecks! Demgegenüber sind Umleitungen hier eine wahre Herausforderung. Erstens lassen diese auf Schilder warten, weiteres haben diese echt viel Interpretationsspielraum und letztlich, „wow“ hier darf man echt weit, weit, weit umkreisen. In Wien geht’s da um ein bis zwei Gassen, hier sind es eher Ortschaften. Ja klar, ich sehe die Gegend, aber will ich das, immer? Lustig finde ich auch, dass es tatsächlich einen Unterschied gibt, zwischen der Fahrweise auf Landstraßen und in Kreisverkehren. Ist tatsächlich so. In Wien, ich habe es ja erwähnt, fährt man einfach in den Kreisverkehr und zwar schnell rein und schnell raus. Super zügige Angelegenheit, zack-zack die Bohne. Hier beobachte ich vielfach, dass der Kreisverkehr, was von einem Karussell hat, ich fahr mal gemütlich rein, dann ur bequem zurück lehnen und genießen, man will ja nicht aufgrund der Drehwirkung kotzen und genauso gemächlich wieder raus. Hingegen (so denke ich mir das) Wiener die Landstraßen genießen dürften: „Huiii, alles frei, nur gerade aus, was für eine Entspannung, huiiii!“ Hier scheint geradeaus die einzige Wahrheit zu sein. Kaum ist die Biegung raus, wird die Gänge geschaltet als gäbe es kein Morgen. Und manchmal ist das sichtlich auch so, wenn man die Kreuze neben den Fahrbahnen so sieht. Ich persönlich mache das so, wenn ich Stress haben will, fahre ich einfach kurzerhand nach Parndorf. Ähnlich der SCS, nur weit internationaler.
Außerdem bin ich ein totaler Fan von Regelmäßigkeiten. In der Pizzeria weiß man, welche Pizza ich gerne esse, detto beim Chinesen. Sehr angenehm. Ich liebes es, überall per Du zu sein. Ich bin ja sowieso eine Du-zerin, Sie wird überbewertet. Es ist schön, meinen Namen zu hören, wenn ich in die Bank gehe, ja, das klingt sicher auch super seltsam für viele, aber ich mag das. Egal ob Bank, Post oder Bäckerei, ich bin die Claudia, die, die immer mit dem Hund unterwegs ist.
Apropos, als ich noch in Wien gelebt habe, bin ich damals auch sehr früh spazieren gegangen, vorzugsweise Prater bzw. Praterhauptallee. Damals ging das noch, muss man so sagen. Heute ohne böse sein zu wollen, kann ich mir das nicht mehr gut vorstellen. Hier gehe, wandere ich zu jeder Tages- und Nachtzeit und, obgleich es wirklich, wirklich totenstill ist und absolut niemand unterwegs ist. Außer vielleicht manchmal der ältere Mann, der am Roller die Zeitungen ausführt, aber sonst, nix, absolut nix.
Auch so ne lustige Sache, die ich beobachtet habe. Ich kann nicht genau sagen, warum das so ist, aber tatsächlich ist es so, dass hier zumeist Männer mit den Hunden Gassi gehen. In Wien, genau umgekehrt. Ist das so ne Geschlechtersache, oder warum? Ich versteh es nicht, aber ich sehe überwiegend Männer die Hunde ausführen.
Und dann noch der Punkt mit den Autos, wenn wir gerade bei Frau-Mann Themen sind. Auch hier, habe ich keine Ahnung zum Ursprung der Geschichte, noch zum Hintergrund. Schaut man in Wien, welche Automarken und Autotypen von Frauen gefahren werden, stellt man schnell fest, dass das weibliche Geschlecht eher kleine Autos fährt. Hier, bäm, erstmals sind es richtig große und dann richtig teure Autos. Wie kommt das?
Ich könnte jetzt noch einige Zeit so weiter machen, was am Ende zählt ist, dass ich mich hier wohl fühle. Die Umgebung, die Natur, die Menschen, ich liebes es und möchte es nicht missen. Vermisse ich Wien? Definitiv nöp, keine Sekunde, keinen Tag. Bevor ich hier her zog, war ich immer am laufen, immer am Übersiedeln, hab mich nie wohlgefühlt. Ich denke, dass was sich geändert hat, ist dass ich hier meinen Ankerpunkt gefunden habe. Will ich mal was anderes, gut, dann fahre ich weg oder auch mal nach Wien, aber das Schifferl fährt dann immer wieder gerne in den Heimathafen. Rückblickend es war und ist, wo ich mich wohl, sicher, und zu Hause fühle. Meine Seele ihren Ruhepool gefunden hat. Wie in einer Bubble, meiner Lieblingsbubble.