Weihnachten – ich denke, diese neuralgischen Festtage haben nicht nur das Potenzial für viel Liebe und Freude, sondern auch für Konflikte. Sie bieten auch die Möglichkeit, dass sich alte, längst vergangene Geister wieder blicken lassen. Vielleicht liegt es daran, dass wir sentimentaler gestimmt sind, oder an Mythen, die besagen, dass wir von uns selbst definierte „unerledigte Dinge“ noch schnell erledigen sollen – wer weiß das schon. Was ich aber weiß, ist, dass ich nichts damit zu tun haben möchte.
Es sind diese unliebsamen Geschenke, die man schon hatte – und ich meine „hatte“. Also, die einst schön verpackt im tollsten Papier mit einer riesigen, attraktiven Schleife vor der Tür standen. Von denen man dachte: „Jawollo, genau das wollte ich schon immer haben.“ Und Hand aufs Herz, es sah einst wirklich gut aus. Also, ähnlich wie kleine Kinder, packen wir es aus, reißen das Mascherl vom Karton und erstmal lieben wir es – und zwar heftig. Aber dann, je mehr Zeit ins Land zieht, stellen wir fest, dass der Pulli kratzt, der Rock zu kurz und die Küchenmaschine zu laut ist. Der Milchschäumer macht keine warme Milch, vom Hautpflegeset bekommen wir eine fiese Allergie, und die Stehlampe sieht echt nicht mehr so gut aus wie zuletzt im Laden. Und je mehr Zeit vergeht, je länger wir das vermeintliche Schmuckstück haben, desto mehr wissen wir tief in uns: Da stimmt doch etwas nicht.
Wir sind enttäuscht, war das Ding doch ganz anders angepriesen, und wir waren so sicher, dass es ideal zu uns passt. Hilft nichts: Retour zum Absender, und der oder die wartet näher, als wir denken. Also nehmen wir uns vor, künftig ein bisschen besser den Beipackzettel zu lesen, genauer zu recherchieren, öfter im Geschäft vorbeizuschauen und ganz genau hinzusehen, bevor wir das nächste Mal eine so wichtige Kaufentscheidung treffen – denn der Preis war hoch, zu hoch, wie wir heute wissen.
Aber dann, als unser Mund nicht mehr nach dieser unguten Erfahrung schmeckt und die Brille gut geputzt auf unserer Nase sitzt, läutet es an der Tür, und es strahlt uns an: Dieses Geschenkpapier kennen wir, die attraktive Schleife ebenso. Es ist das einst von uns so derb ersehnte Päckchen. Es sieht noch genauso aus wie zuletzt, nur der Verkaufsslogan wurde geringfügig verändert. Da steht es nun vor uns, strahlt wie ein Honigkuchenpferdchen und singt voller Inbrunst sein Weihnachtsliedchen, während es uns vertraut anlächelt. Es ist der Duft der längst vergangenen Weihnachten, und für einen kurzen Moment ist die Vertrautheit nett, bevor das darübergelegte Trauma anfängt, unangenehm zu riechen – ich möchte fast sagen, zu stinken.
Was also tun mit diesem Boomerang-Geschenk? Weiter/ wieder das Liedchen anhören? Ohren zuhalten? Darauf bestehen, dass die Weihnachtselfen die Adresse ändern? Tod stellen? Auspacken und schauen, ob die Ware verbessert wurde? Denn, sind wir uns ehrlich, seit unserem letzten Kontakt gab es sicherlich mehrfach Kundenbeschwerden. Oder? Tja, wie immer gibt es, denke ich, kein einheitlich gutes Rezept. Die wahrlich guten Rezepte sind zumeist gut gehütete Geheimnisse, die in einer Box ebenso gut versteckt sind. Aaaber, ich sage es mal so: a) Geschenke muss man nicht annehmen und b) Geister aus vergangenen Tagen kommen aus der Vergangenheit, und wie sagt man: Die haben selten etwas Neues zu berichten, oder? Ach, und noch einen hätte ich: c) Wäre das Geschenk bei Kunde oder Kundin 12-93 gut angekommen, hätte sich das Paket so was von fix nicht vor meine Tür verirrt und gäbe das alte Liedchen zum Besten. Also, hui-buh, weg mit dir, du Schwankgeist, du Schreckenwicht, du Spuktröte.