Mal Hand aufs Herz. Wie oft haben Sie das schon gehört? Ich bin mal sehr vorsichtig und sage 2-3, hundert mal. Nein, bitte nicht missverstehen … meine Eltern eingerechnet. Und ja natürlich immer wenn ich einen neuen Selbstfindungsworkshop verlasse, bin ich auch der festen Überzeugung das dies so ist … für sicher einen ganzen Tag. Und ebenso ja natürlich, jeder von uns ist einzigartig besonders und/oder seltsam. Manches Mal auch alles zusammen.
Ich komme ja aus der Werbung und auch da lernt man schnell, dass es wichtig und nötig ist um ein Unternehmen, ein Produkt, eine Dienstleistung gut zu vermarkten, das einzigartige hervorzuheben. So gibt es Waschmittel die noch weißer waschen und Zähne die noch mehr strahlen. Und wir lernen, dass es wichtig ist, wenn wir glänzen wollen bei einem Vorstellungsgespräch, unsere Stärken gekonnt hervorzuheben. Also sind wir flexibel (klar, ich arbeite auch gerne rundum die Uhr und an jedem Ort der Welt), offen zu sein (für jeden Mist) und mein persönliches Highlight – oft gehört und ungeschlagen – pünktlich zu sein. Ich hatte dann immer nachgehakt und gesagt „Oh wow, das freut mich aber. Das heißt an wie vielen Tagen der Woche dürfen wir tatsächlich davon ausgehen das sie zeitgerecht zur Arbeit erscheinen?“
Und nichts anderes tun wir wenn wir jemanden privat kennenlernen. Wir sagen, dass wir statt 1x die Woche, 3x die Woche zum Sport gehen. Wir sagen, dass wir abenteuerlich sind, tatsächlich ist das Adrenalin behafteste, das wir am Sonntag mal die Zeitung klauen. Aber wer sagt schon gerne beim ersten Kennenlernen: „Hallo, schön Dich kennenzulernen, ich liege lieber am Sofa rum, rauche viel zu viel und was soll ich sagen, mit der Treue hab ich es auch nicht so“. Nein, nein, nein. Wir sind sportlich, treu und liebenswert. Ist so!
Und ist ja auch egal. Im besten Fall lernen wir jemanden kennen, der genau jemanden sucht, wünscht, ersehnt und möchte der viel raucht, am Sofa knuffelt und auf offene Beziehungen abfährt. Im etwas weniger optimalen Fall, halten wir je nach Disziplin, 2 Monate durch mit dem angekündigten Sportprogramm. Spätestens dann, finden sich, natürlich beim anderen, einige Schwachpunkte. Grund genug sich zu verabschieden. Eventuell Zeit genug um diesen magischen Moment des „Schatz, Du bist was ganz besonderes“ zu erleben. Und wir wollen es zu gerne glauben. Zumindest diese 2 Minuten.
Und dann gibt es das kleine Mädchen Szenarium. An das Mädchen wie ich so gerne glauben und erwünschen. Diesen einen Menschen zu treffen, der für uns etwas Besonderes, Einzigartiges hat, ohne zu wissen was es genau ist. Aber es ist dieses Gefühl angekommen zu sein und vollkommen Glücks. Und dann passt es. Egal ob wir morgens aufstehen und unsere Haare aussehen als hätte sie unser betrunkener Nachbar geschnitten und unser Atem nach mindestens einem Kaugummi schreit, wir sind besonders. Manches Mal ist es auch gut, das Liebe blind macht oder der Partner noch nicht die Brille aufgesetzt hat.