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Der Streichelzoo

Die meisten Frauen die ich kenne, achten bei Männern zuerst auf die Hände. Ich übrigens auch. Gut, kurz danach auf den Po, aber zuerst auf die Hände. Ich habe mich oft gefragt, woran das liegen mag. Und achtet Frau eher darauf, dass die Hände stark sind, um sie so im Notfall tragen zu können oder doch eher auf schlanke, zierliche Hände? Haben sie da je darüber nachgedacht? Welche Hände sagen „Hui, ja greife mich gerne an“ und welche sagen eher „lassen wir es bei einem Handschütteln … zum Abschied aber bitte, jetzt!“?

Ich persönlich finde ja immer, dass es 3 Typen von Männerhänden gibt. Jene, die ich liebevoll „Quallen-Hände“ nenne. Also die, die in kürzester Zeit ihre Arme und Hände überall an deinem Körper haben. Und ich bin immer noch der Überzeugung, dass es mehr als die üblichen 2 sind. Wie sonst könnte man(n) so schnell gleichzeitig an so vielen Stellen sein? Die zweite Kategorie nenne ich die „Klodeckel-Hände“. Jene Männer die auch nur mit einer Hand, sehr grob aber dafür auch gerne mal alles in einem erwischen. Das sind auch jene Männer, die dir mal kurz auf den Rücken klopfen, wenn Du weinst. Wie einem alten Schnitzel, das wieder einmal gut geklopft gehört, bevor es freiwillig in die Pfanne hüpft. Und dann die letzte Kategorie, die „Navi-Hände“. Das sind jene Männerhände, die wenn sie dich berühren, du immer das Gefühl hast, das sie irgendetwas auf deinem Körper suchen, es aber nicht finden. Und auch wenn du ihnen ein Softwareupdate gibst, sie suchen weiter. Übersehen Stopptafeln, verzichten auf km-Angaben und Hinweisschilder sind für sie immer in anderer Sprache, also nicht lesbar. Es bedarf einer Engelsgeduld diese Hände dahin zu lotsen, wo sie wirklich am dringendsten gebraucht werden. Wahnsinnsaufgabe, oder wie sehen sie das? Klingelt da etwas in der Erinnerungsschublade? Bei mir gehen ganze Sirenen los.

Ich hatte einmal eine Schulfreundin, ja ich weiß, soweit ja noch nichts Ungewöhnliches. Sie war mehr so die Partymaus, ich wie sie unschwer erkennen können die Schreibermaus. Also haben die zwei „Mäuse“ ein Abkommen getroffen. Die etwas zurückhaltendere geht mindestens 2 Mal im Jahr mit der anderen fort. Ich würde sagen, dass bei mir ganz allgemein neben meiner wahnsinnigen Zurückhaltung, die Eigenschaften liebenswert und kuschlig im Vordergrund stehen. Allerdings heißt kuschlig ja nicht, dass ich als Streichelzoo durchgehe. Seit Jahren versuche ich dieses Hinweisschild, das sichtlich nur Männer lesen können, noch klarer zu formulieren. Irgendwie verstehen die „all hands on deck“ nicht so gut wie erwartet.

Aber zurück zu meiner Schulfreundin und den gemeinsamen Erlebnisabenden. Ich habe immer gesagt, dass es in diesem, ihrem Stammlokal ja schon eine Gedächtnisecke gibt, in der viele, sehr viele Kerzen angezündet sind, allesamt von, nun nennen wir sie „Fans“ oder „Stammgästen“. Und weil ich ja immer, in Wahrheit meistens, zu meinem Wort stehe, ging ich also mit ihr fort. Unnötig festzuhalten, dass ich es schon bei dem puren Gedanken an den anstehenden Abend, mit der britischen König hielt, nämlich „not amused“. Aber gesagt getan, ich ging mit. Sie immer vor mir sanften Schrittes, aufgerüscht und hübsch gemacht für die Fangemeinde. Ich hinterher, mehr so bemüht zwar lecker auszusehen, allerdings eher wie ein Museumsstück. Super schön, aber hinter Panzerglas und gut, sehr gut bewacht. Wer jetzt eingestaubt gedacht hat … wir wollen doch freundlich bleiben, oder?!

Die ersten 100m in besagtem Tempel, glichen auch mehr einem Sicherheitscheck am Flughafen. Weniger wegen der Metalldetektoren, als all den Männerhänden, sichtlich mit dem klaren Auftrag uns gut abzugreifen. Bis zu diesem Zeitpunkt wusste ich gar nicht, wie potenziell gefährlich ich sichtlich ausgesehen habe. Da half auch mein böser Blick nichts und mein imaginär aufgebautes Panzerglas auf dem deutlich stand „nur gucken, nicht greifen!“ Das war übrigens gleich neben dem anderen Schild mit „all hands on deck!“ Sicher ist sicher. Meine Freundin fand das immer recht unterhaltsam. Egal wo sich die fremden Hände der Männer befanden, sie fand es sichtlich richtig gut. Und während sie sich toll amüsierte, versuchte ich aus meiner Schockstarre auszubrechen und war dringlich bemüht, zumindest einige Körperhälften unberührt zu lassen. Aber man lernt ja dazu, also versuchte ich bei kommenden Besuchen, den Eingangsbereich bis zu einem sicheren Platz, also irgendein Eckplatz, der zumindest hinter mir Schutz bot, in weniger als 30 Sekunden zu erreichen. Und das war gar nicht so schwer, nachdem zu fortgeschrittener Stunde die meistens bereits mehrfach Nahkontakt hatten mit dem einen oder anderen … Glas Alkohol. Ganz klar mein Vorteil. Bevor das Hirn den Händen signalisieren konnte „Achtung, Hirn an Hände, potenzielle Streichelfläche!“, war ich schon auf meinem Stuhl. Meine Freundin harschte mich dann immer an „So, wirst du aber garantiert niemanden finden!“. Nun, Gott sei Dank dachte ich. Tendenziell finde ich gerne unter vollem Bewusstsein, Tageslicht und vorheriger näherer verbaler Kontaktaufnahme meine Streichelverbündeten. Aber vielleicht war das ja auch eine neue Art des Kennenlernens. Zuerst Nahkontakt mit den Händen und dann erst das Sprechen. Mein Problem dabei war, ich hatte zu viel gesehen von meinen Gegenübern. Und das machte keine Lust auf weitere Streichelerlebnisse.

Ich erinnere mich noch gut, als ich da eines Abends auf meinem Stuhl saß und mich bemühte so richtig böse zu schauen, als ein junger Mann meine Kniescheiben als Abstützhilfe suchte, so betrunken wie er war. Als nächstes Opfer peilte er mein Ohr an, sichtlich wollte er mir etwas sagen. Und nachdem ich vergessen hatte den Spuckschutz auf mein Ohr zu schrauben, schaute ich ihn an und sagte voller Hingabe, Wärme und Liebe: „1. Hände weg von meinem Knie, 2. Zwei Schritte von mir zurück treten und 3. Schnell weitergehen!“ Was er dann auch tat. Um 5 Schritte weiter auf dem nächsten Knie zu landen. Na der hat aber dann große Augen gemacht, als er sah auf welchem Knie er da gelandet war. Der 120 kg Bodybuilder Typ fand das sicherlich auch nicht so richtig gut, nachdem er ihm dies gänzlich nonverbal und eindrucksvoll mit seinen Händen zu verstehen gab.

Aber ebenso lustig und damit nicht aller Spott sich auf die Männerwelt ergießt, war der Abend an dem ich zu einem Polterabend eingeladen war. Ziel des Abends war ein Lokal, dass eine Art, nun nennen wir es rundum Abendbetreuung gewährleistet. Ähnlich wie in diversen All-Inklusiv Urlaubsanlagen ist man dort, vor Ort auch in Betreuung. In Betreuung von diversen Vollkontaktanimateuren. Ja, das ist das neue Wort. Früher, zu meiner Zeit, also vor 3 Tagen, sagte man einfach Stripper dazu, aber gut, die Zeiten ändern sich. So erfuhr ich während des Abends, was Frauen sich wirklich wünschen und wollen. Interessant auch deshalb, da ich bis zu diesem Zeitpunkt sichtlich keine blasse Ahnung hatte, was Frauen sich wünschen. Da kommen also gut getarnte Bauarbeiter, Soldaten, Feuerwehrmänner und Indianer vorbei um Frauen zu unterhalten. Ich dachte zuerst an einen Auftritt der Village People und freute mich, weit gefehlt. Und wer jetzt denkt, dass die Vollkontaktanimateure ihre Hände nicht im Griff haben, nochmals und wesentlich weiter gefehlt. Ne, ne, ne, ne. Es waren die Frauen und ihre Hände. Ähnlich wie beim Schlussverkauf würde ich mal sagen. Nur waren die riesen Warenkörbe als eben Soldat oder Bauarbeiter getarnt. Sie rannten darauf los und versuchten mit den Händen alles Mögliche zu erhaschen. Einen Oberarmmuskel, eine Socke oder auch gerne den Schlüpper. Und hier wurde gekämpft um jede Stelle die es erlaubte mal zumindest kurz die Hand aufzulegen. Das was ich damals, an diesem einem Abend zu sehen bekommen habe, hat sich derart tief in mein Hirn gebrannt, das auch wahlloser Alkoholkonsum, so ich getrunken hätte, nichts daran ändern hätten können. Das war was.

Ich frage mich also, haben sich diese speziellen Spezies Qualle, Klodeckel und Navi nur herausgebildet, da wir Frauen da doch scharf darauf sind, es mögen und es unterstützen? Oder ist das so ähnlich wie beim Küssen. Muss man auch erst alle Handtypen kennenlernen, bevor uns der Richtige an der Hand nimmt oder wir ihn und mit ihm Hand in Hand ins Wunderland spazieren? Nun ich weiß es nicht. Aber ich möchte eher vermuten, dass das wie bei den Damen am Wühltisch ist. Es gibt dann wohl auch einige Männer, für die wir der Wühltisch im Schlussverkauf sind und die einfach ein großes Kuschelbedürfnis haben, welches auch durch viele Besuche auf Konzerten oder Besuchen am Samstag in der SCS und den Menschenmassen durch die man sich drücken muss, nicht gestillt werden kann. Und so stehen sie in den „Schleppertempeln“ und … greifen zu. Und manches Mal, das wissen wir Frauen ja am Besten, erwischt man am Wühltisch ja auch ein echtes Schnäppchen, oder?