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catch me in my spirit

Ich habe am Wochenende eine Serie geguckt. Teil der Folge war ein junger Mann, der im Alter von 17 Jahren bei einem Autounfall, seine Mutter und Tante verloren hat, mit denen er gerade unterwegs war. Er selbst hat überlebt, allerdings ist er seitdem Querschnittgelähmt und sitzt im Rollstuhl. Im Gespräch mit anderen, gab er zu verstehen, dass sein größter Wunsch sei andere zu inspirieren und motivieren, eventuell sogar mal als Motivationscoach zu arbeiten. Und hier schon mal aus tiefem Herzen – Respekt meinerseits. Ich finde das sooo groß von ihm! Hat mich total berührt, nicht nur seine Geschichte, sondern auch die Art, wie er mit allem umgeht. Im Zuge der Folge kamen dann noch andere Themen die ihm beschäftigten zur Sprache, die mir sehr nahe sind und mit denen ich mich auch so oft in meinem eigenen Leben beschäftigt habe und beschäftige. Alle diese Themen beginnen mit der (Rück-)frage WARUM? Warum passiert so etwas? Warum mir? Warum passiert dies einem guten Menschen? Warum trifft mich das Leben an dieser Stelle so hart? Das macht seine Geschichte für mich noch berührender. Nein, es ist eben nicht nur, die Tatsache, selbst so viel Leid zu erfahren und sich für andere etwas anderes/besseres zu wünschen. Sondern auch die Ehrlichkeit, dass es hart ist, dass es Tage gibt, die unfassbar traurig sind, die einen selbst lähmen, an denen wir uns in unseren Herzen wünschen, dass eben doch gerne alles anders gekommen wäre. Er war nicht böse, auf die Welt, böse auf den Fahrer, der den Unfall verursacht hat, aber man spürte in seinen Narben sowohl Licht als auch viel Dunkelheit.

Wohin also mit all der Wut, der Enttäuschung, der Trauer, der Ohnmacht, den gefühlten 1.000 offenen Fragen? Wer hilft? Wer versteht? Helfen Floskeln wie: „Hilf Dir selbst, dann hilft Dir Gott?! Setzt man sich hin und haut ohne Ende positive Mantras raus? Wie fast überall begegnen diesen offenen Fragen 999 Ansätze: Therapien, Tabletten, Ignorieren, Rituale, Kräuter, Ausräuchern, Alkohol, Drogen, ja da ist alles dabei. Es heißt ja immer, wenn man Probleme hat, soll man um Hilfe bitten. Was aber keiner in der Betriebsanleitung des Lebens erwähnt hat, ist die Tatsache, dass keinen (den einen) „richtigen“ Weg gibt, auch wenn das manche gerne so verbreiten.

Je nachdem in welche Ecke man guckt, erhält man unterschiedliche Antworten. Da wäre zum einen: „Das hat sich Deine Seele im Universum selbst ausgesucht, damit Du Dich entwickeln kannst.“ So, dass bedeutet, dass meine Seele irgendwo, irgendwann gesagt habe: „Hey fein, so ein Autounfall wäre es doch und am besten sterben noch meine Mama und meine Tante. Das stärkt den Charakter, das macht mich zu einem besseren Menschen. Genau das brauche ich, damit ich anderen helfen kann und möchte. Nun, ich war weder bei ihm dabei, noch bei mir selbst. Zumindest kann mich null erinnern. Eventuell erfolgreich verdrängt? Aber dies scheint auch so eine Perversion an diesem Leitgedanken zu sein – absoluter Gedächtnisverlust. Meine Antwort, sicherlich NICHT. Wer zum Geier soll wissen, dass ich mich nicht auch so in diese Richtung entwickelt hätte? Und warum sucht sich eine oder meine Seele, dann nicht feine Dinge aus? Muss mal mit meiner Seele ins Zwiegespräch gehen …

Dann der Betrachtungsweise, dass man so Erlebnisse im Hier und Jetzt aufgrund eines Vorlebens verdient hat. Erstmals detto, ich kann mich nicht erinnern und dann, wow, Karma erwischt mich also nicht in diesem Leben, sondern findet mich durch Raum und Zeit. Das wäre eine Erklärung für vieles was mir aufstößt, aber bei den Anderen ;-). Mir wurde mal gesagt, dass ich meine Eltern verdient hätte. Ergo, ich habe all die Schläge, den Missbrauch, die Manipulationen und vieles andere verdient. Bäm. Danke für den Gehirnschiss! So ein Unfug aber echt. Das ist eine der Aussagen, die schon mal gar nicht geholfen hat. Man fühlt sich ohnehin schlecht und dann kommt so ein Analakrobat um die Ecke und behauptet: „Das hast Du verdient!“ Demzufolge wäre ich im letzten Leben ein richtiges Arschloch gewesen. Was hab ich nochmals genau gemacht, nur interessehalber gefragt? Bullshit, aber echt! Inwieweit soll einem das helfen?

Nächste Herangehensweise: Man zieht solche Dinge durch seine eigene Energie an. Also das was man ausstrahlt, kommt zu einem zurück. So was wie ein energetischer Boomerang. Gut, also habe ich mir, ich bleibe jetzt ganz bei mir, bereits als Embryo im Mutterleib bunt ausgemalt, wie es sein wird ,zwei angeborene Herzfehler, vier Herzoperationen zu haben. Klar, was macht man auch 9 Monate sonst? Ist ja langweilig den gesamten Tag im Mutterleib. Ich habe tagaus und tagein visualisiert und ausgestrahlt Herzkrank zu sein, einfach mal so. Und bevor jetzt jemand aus so ner angestaubten Ecke ruft: „Nein, das warst nicht Du, das waren Deine Eltern!“ Gegenfrage: „Also wollten die unbedingt ein herzkrankes Kind, oder wie?“ Die „richtige“ Antwort naht aus selbiger Ecke – …“ich habe energetisch die gebrochenen Herzen meiner Eltern übernommen“. Ja, hab ich tatsächlich mal gehört. Und falls ihr denkt, dieser Gehirndünschiss endet hier, nöp!

Dann wäre noch die Sache mit dem Glauben, dass Gott, die die er am Liebsten hat prüft. Verstehe ich dann auch nicht. Erstmal, warum überhaupt ne Prüfung? Wofür oder wozu werde ich „abgeprüft“? Hab ich was verpasst? Wenn ich von 5 Prüfungen 3 bestehe, darf ich in den Himmel? Also wie sonst auch, die mehr als 50% Regel und ich bin durch, durchs Himmelstor? Aber wo war mein Skript? Mein Lernstoff? Meine Vorbereitungszeit? Oder wird geprüft, wie lange ich ein netter Mensch bleibe, bevor ich aus-zucke? Und heißt das, wenn ich kein Lieblingskind bin, werde ich nicht geprüft? Bekomme ich dann auch oder nicht Engelsflügel bereitgestellt oder einfach dann nur so „Second-Hand-Flügel“? Gebrauchte und vor-gerupfte Flügel? Und werden dann die „Sumpfratten“ da draußen ähnlich geprüft, aber vom „Herren des anderen Reiches“? Oder kommen die nie dran? Nochmals für Doofis zum Mitschreiben: „Worin liegt der Vorteil ein Lieblingskind zu sein?“ Darf man so etwas fragen? Oder muss ich mich erst würdig erweisen? Nöp, auch das verstehe ich nicht! Sorry, not sorry. Ich wiederhole: Ohne Bibel-Profi zu sein, war oder ist Gott nicht der, der gnädig und voller Liebe ist? Nein, keine Erleuchtung bei mir.

Ach-ja, und dann wäre noch, ganz a la „wünsch Dir was“, dem Universum sagen, was man sich wünscht, so detailliert und positiv wie möglich. Nun, wie ich bereits erwähnt habe, ich kann mich nicht erinnern, mal textlich oder visuell festgehalten zu haben, dass ich mir Eltern wünsche, für die das Glas immer voll, nicht nur halbvoll war, wenn ihr versteht was ich meine. Und nein, ich habe mir nicht gewünscht, dass das ein ganz normaler Tag meiner Kindheit sein soll. Fuck!, wer bitte würde sich so etwas wünschen? Wo war der „Fehler“? Hab ich es zu unkonkret formuliert? Oder stand das gar nicht auf meinem Wunschzettel, wurde da was vertauscht? Ja, Briefboten machen auch Fehler.

Fast vergessen, aber Vollständigkeit halber – natürlich gibt es auch jenen Ansatz, dass es keinen wirklichen Grund gibt, Dinge passieren einfach. So unter dem Motto: „Shit happens!“ Einfach so, einfach jedem. Also einfach ist dabei schon mal gar nichts. Aber gut, persönlich möchte ich erwähnen, dass dies natürlich, wie auch alle anderen Konzepte möglich wäre. Statistisch gesehen, also aufgrund der in meinem Leben auftretenden Häufigkeiten selbiger Scheißhaufen, ist allerdings sehr unwahrscheinlich.

Was ich an den meisten oben aufgezählten – sicherlich hart überzeichneten – spirituellen Meisterwerken nicht so richtig schnuffig finde, ist, dass diese sichtlich immer etwas damit zu tun haben, dass man Leiden müsse, als wäre Leiden etwas Gutes, als würde es in irgendeiner Weise helfen oder wäre nötig. Als würden wir das zu unserem besten verdienen. Und das möchte mein Kinderherz einfach nicht glauben. Prägt es uns, fix. Zeigt es wer wir hinter der Maske sind, zweifelsohne. Verändert es uns, zwangsläufig. Aber ist es deshalb auch gut? Hmm? Ich wünsche mir weniger Leid, mehr Frieden für uns selbst und unser Leben. Ja, das hört sich vielleicht so ein wenig nach Schönheitswettbewerbsantwort an, aber ich meine das so. Wenn wir so schreckliche Dinge erleben, müsste es doch eine liebevolle, friedvolle, Antwort geben, oder?

Man sagt, dass wir alle Dinge, alle Antworten sowieso in uns selbst tragen, wir also gar nicht im Außen Rücksprache halten müss(t)en. Also tiiiieeef in uns selbst „graben“. Ja, wahrscheinlich zählt das für mich noch zu den Griffigsten. Hab ich auch gemacht, mach ich immer wieder. Mein „Garten“ hat teils ausgesehen, wie nach einem Bombenangriff, hab da alles umgegraben. Bin ich schlauer? Ich bitte Euch, seriously? Ne! Ich habe immer noch auf viele tausende Fragen keine Antwort, oder keine für mich passable. Eventuell, weil ich eine Frau bin und grundsätzlich neugierig, oder weil ich ich bin und permanent „working in progress „ oder wie John Legend sagt: „perfectly imperfect!“? Es gibt Tage, da scheint alles im Frieden zu sein und dann gibt es Tage, Situationen, die schmerzen. Aber das ist normal. Es verblasst, weil andere Dinge wichtig werden. Zum Beispiel anderen zu helfen.

Fakt ist, diese Fragen sind Teil des Traumas, wenn einem solche Dinge passieren. Und die Wahrheit ist, niemand kann sie beantworten. Woran ich glaube? Hmm? Erstens, es ist nicht EINE Denkweise oder nur EIN Konzept, sondern meistens eine Kombination aus Ansätzen. Nämlich jene Vielfalt aus Dingen, die für einen selbst stimmig sind. Und zweitens, ich denke, alles was möglich ist, ist seinen ganz eigenen Weg zu finden. Jeder darf und soll den Weg finden, der ihm so etwas wie Frieden bringt, Seelen- und/oder Herzensfrieden und ihm hilft ein Stückweit loszulassen. Und egal woran man glauben möchte oder noch kann, nach so einschneidenden Erlebnissen, ich hoffe, dass an erster Stelle, der Glaube an sich selbst vorherrscht, zumindest irgendwann wieder. Und daran arbeite ich auch noch immer und immer wieder.

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