Ich muss ehrlich sagen, mir gefällt die Vision immer noch, dass Dinge in unserem wie im Märchen passieren sollten. Die Vorstellung, dass quasi aus dem Nichts eine kleine Fee vor mir steht und mir die Erfüllung meiner drei größten Wünsche gewährt, das wäre schon etwas. Wie gesagt, einfach mal so. Dürfte auch gerne nur 1 Wunsch sein. Ich wäre auch „sauber“ mit der Idee, durch ein Tor zu gehen und mit Gold „bestäubt“ zu werden. Die Idee mit den gläsernen Pumps finde ich grenzwertig, aber gut, was tut man nicht alles 😉. Es ist die Magie im Herzen, mit der wir uns bereits als Kinder wünschen, dass der Weihnachtsmann (ja, ich weiß schon, ewig umstrittenes Thema: Weihnachtsmann oder Christkind. Bei mir 1.000 Pro der Weihnachtsmann. Fullstop.) unseren Brief nicht nur erhalten hat, sondern sich auch mal daran hält, was da draufsteht.
Für mich geht es nicht um den Erhalt von Geschenken. Nicht missverstehen: Geschenke sind super, aber für mich liegt der Zauber darin, belohnt zu werden für die Reise, das Lernen, die Entwicklung, die Extrameilen auf unserem Weg, die Blasen beim Tragen der Glaspumps. Und lesen wir in die alten Geschichten hinein, dann ist es zumeist davor herausfordernd, anstrengend, unfair, ja teils scheint es sogar ausweglos. Aber dann – puff – sprüht der Regenbogen und wir finden unseren Goldtopf.
Die diversen Schulungen zeigen uns auf, wie wir unsere Ziele verfolgen. Erklären den wesentlichen Unterschied zwischen Vision, Idee, Wunsch und Ziel. Wir bekommen Tools auf Papier gekritzelt und mit ansprechenden Bildern untermalt. Dazu noch das eine oder andere Zitat auf die Ohren gedrückt wie „Der Weg ist das Ziel“ oder „Wer sich Ziele setzt, ist schon halb angekommen“. Ich entschuldige mich in aller Form bei den Autoren. Leider weiß ich nicht, wer so klug war, diese öffentlich zu verkünden. Von mir sind sie nicht. Alles, was sich in meinem Kopf je dazu aufgedrängt hat, war „Jo eh, aber …“ Kurz gesagt, ich war nicht einverstanden. Und glaubt mir, die meisten Ansätze habe ich durch. Das Visualisieren, die Manifestationen, die Vision-Boards und und und. Nur ein Teil hat mir persönlich immer gefehlt.
Niemand erzählt, wie unfassbar hart es ist, wie oft man ne Türe auf die Nase geklatscht bekommt. Wie viele Steine man wahlweise auf die Seite räumen darf oder zumindest drum herum latschen muss. Wo ist der Teil in all den klugen Trainingsunterlagen, der erzählt, wie oft man aufgeben möchte, an sich und an der Welt zweifelt? Wunscherfüllung ist nicht die Selbst- und Schnellbedienungs-Kassa im Supermarkt. Es ist das Ikea zu den Weihnachtsfeiertagen- Einkaufserlebnis. 1.000 gefühlte andere Menschen, die, warum auch immer, alle dieses eine „Smörebröd“-Regal wollen. Es ist die 4 km lange Warteschleife, weil die anderen 13 Kassen kaputt sind. Und da wartest du nun und musst ur dringend auf die Toilette.
Ohne Frage wäre das fein, wenn wir einen Wunsch haben, und kaum ausgesprochen, spaltet sich sprichwörtlich das Meer, in obiger Phantasie die Menschenmassen weichen und – tata – der Weg zur Kassa ist nur für mich frei. Aber so ist es nicht, so funktioniert das Leben nicht. Auch wenn wir immer wieder versuchen, die Autobahn zu nehmen, es gleicht eher einer Fahrt durch gefühlte 399 Dörfer, wovon 279 gerade massive Umbauten haben und wir umgeleitet werden, nämlich aufs Maisfeld.
Nicht nur wir selbst sind gefordert, uns auf dem Weg zu entwickeln und permanent alles, was wir so mithaben und mitbringen, zu adaptieren. Es sind die Umwege, die uns abschleifen, demütig machen, die uns zeigen, wer wir wirklich sind und was wir wirklich, wirklich brauchen in unserem Leben. Ich habe bewusst geschrieben „brauchen“. Denn das, was wir „wollen“ ist nie das, was wir „brauchen“ um uns zu entwickeln, noch das, woran wir „glauben“. Wir erhalten immer das, was wir „brauchen“. Und es „braucht“ die Umwege, damit wir genau das erkennen.
Und wenn dann dieser spezielle magische Moment da ist, sich die Türen öffnen, der Goldstaub auf uns fällt oder wir unser Töpfchen am Ende des Regenbogens finden, dann verstehen wir, dass wir ohne dieses hin- und her, auf- und ab, dieses Umherirren und Wiederfinden, nie angekommen wären an unserem Ziel. Und manchmal entdecken wir, dass unser Weg letztlich dort aufhört, wo er angefangen hat.