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Die Schreier

Es ist schon eine witzige Tatsache in unserer Gesellschaft, dass jene die am lautesten schreien, immer die meiste Aufmerksamkeit bekommen. Sie bekommen Zuwendung und Unterstützung braver Helferchen. Alles Dinge die die Schreihalse lieben. Sie stehen gerne im Fokus, sie sind gerne die „Armen“, die „Beleidenswerten“. Allerdings gibt es einen Haken … dabei geht der Blick auf jene verloren, die eventuell wirklich leiden, Schmerz empfinden, kurz, denen es schlechter geht, die aber nicht so viel oder eventuell sogar gar nicht schreien. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass jene Menschen, die am meisten Narben auf ihrer Seele zu verzeichnen haben, am wenigsten klagen, es sind jene die am meisten und oftmals am lautesten Lachen. Witzig, oder?

Das fürchterliche daran ist, dass beide nicht gesehen werden, nicht richtig. Und bei beiden geht es um Bedürfnisse. Die Schreihalse, die ihre Bedürfnisse immer am heftigsten wollen, um jeden Preis, auf Biegen und Brechen, die auch mal in die „Trickkiste“ der emotionalen Erpressung greifen um sich Gehör zu verschaffen und die Clowns, die hinter der Maske der Fröhlichkeit bitterlich weinen, es aber niemandem zeigen um niemandem genau dieses Leid zuzuführen, dass sie selbst erleben. Die Clowns wissen auch um ihre Bedürfnisse, aber sie stellen sie zurück, da es in ihrem Empfinden immer Menschen gibt, denen es schlechter geht, die die Aufmerksamkeit noch ein wenig mehr benötigen, als sie selbst.

Und ich möchte gar nicht all die Schreihalse anklagen, nein absolut nicht, genauso wenig, wie ich ihnen vorwerfen möchte, hier sehr systematisch oder berechnend zu agieren. Tatsache, ich glaube, dass sie ebenso das Beste innehaben und das Beste wollen. Und mir liegt es ebenso fern, den Finger zu heben, denen gegenüber die helfen wollen, die das Schreien hören und eilig los laufen, denn auch die agieren nach bestem Gewissen. Und ich möchte jetzt auch keine Rede schwingen in Richtung der Clowns und sie ermutigen, sich früh morgens nur ein einziges Mal ein anderes Gesicht aufzumalen, als ein lachendes.

Es gibt ein Zitat, das mir sehr am Herzen liegt von Niccolo Machiacelli: „Jeder sieht, was Du scheinst. Nur wenige fühlen, wie Du bist.“ Das sagt dann schon alles aus. Wir Menschen schauen nicht dahinter, wir hinterfragen nicht, wir machen uns nicht unser eigenes Bild, wir bleiben an der Oberfläche hängen. Jemand schreit lauthals und wir helfen. Jemand lächelt uns zu und wir sind tief überzeugt, dass es diesem Menschen gut geht. Nun lasst Euch sagen, der Schein trügt. Ich verharre oft in dem Wunsch, wir würden uns wirklich sehen. Das war einer der Dinge die ich wirklich toll fand im Film Avatar: „Ich kann dich sehen!“. Wäre das nicht fein, wenn wir uns wirklich sehen würden? In unseren Bedürfnissen, in unserem Kern, in unserem Wesen ohne dicke Hinweisschilder um den Kopf, ohne viel darüber zu reden und ohne einer dicken Clownnase?

Sicherlich ein frommer Wunsch, eine Idee, eine Vision, aber oftmals beginnt ja alles mit einer sehr, sehr verrückten Idee?! Und bis es soweit ist, gehe ich weiter früh morgens zum Spiegel, male mir ein breites Lächeln ins Gesicht und setzte meine Clownnase auf … voller Stolz.

„Der Clown, er bringt dein Herz zum Klingen. Der Clown will fröhlich mit dir singen. Du lachst, siehst nur die Welt im Spaß, den Mensch im Clown, du ganz vergaßt. Der Clown, er lacht den ganzen Tag, der Clown, er kennt fast jeden Spaß, doch legt er seine Maske ab, auch er so manchen Kummer hat. Der Clown wird niemals traurig sein, er strahlt heiter wie Sonnenschein. Doch ist die Schminke vom Gesicht, oft traurig unser Clown dann blickt. Er ist ein Mensch wie jedermann, der auch nicht immer lachen kann. Vielleicht denkst du auch mal daran, dass auch ein Clown mal weinen kann“. (Christina Telker)