Es gibt viele Menschen, die fest daran glauben, dass wir unseren Weg, unsere Lernkurven und unsere Herausforderungen selbst bestimmen, selbst wählen, bevor wir geboren werden. Wir schreiben also selbst unsere Biografie, noch bevor wir überhaupt in diese Welt eintreten. Wie klingt das für Euch? Das gibt der Meinung, dass wir unser Leben selbst in der Hand haben, nochmals eine ganz neue Bedeutung, oder? Für mich entstehen in diesem – vorweg mal hypothetischem Ansatz – viele Fragen. Da wäre zum Beispiel: „Welchen Titel hätte Euer Buch?“ „Wie würde das Cover aussehen?“ „Wäre es eher eine Kurzgeschichte, oder eher so wie die Buddenbrooks ewig lange?“ „Wäre es ein Drama, eine Satire oder etwa eine Liebesgeschichte?“ „Womit würden sich die einzelnen Kapitel beschäftigen?“ „Wer wäre(n) Eure Hauptfigur(en)?“ „Hätte Euer Buch ein gutes oder ein trauriges Ende oder würde es gar offenbleiben?“
Aber da ist mehr zu klären, zumindest für mich. Ich denke man muss schon verdammt mutig sein, sich selbst vorweg für viele Stolpersteine zu entscheiden. Sich selbst mal einfach so, viel Leid, viel Trauma und Trauer aufzuerlegen, weil man einfach der Meinung ist, dass man selbst so am besten lernt. Wir würden also auch festlegen, welche Menschen wir treffen oder wieder Treffen, keine Ahnung. Welchen Menschen uns prägen sollen, damit wir unseren Weg finden. Aber auch, wen wir verletzen, wen wir lieben und wen wir nicht begegnen. Krass, oder? Jede kleine und große Begegnung wäre im Voraus bereits gut durchdacht und von langer Hand geplant, zu unserem Besten. Puh!
Und jetzt der Twist, wenn wir geboren werden, haben wir alles vergessen. Wir können uns weder daran erinnern, dass es ein Buch gibt, noch was drinsteht, noch wie es ausgeht. Nada! Wir sehen nicht nur schlecht, was unsere Gegenwart und Zukunft betrifft, sondern wir sind blind und zwar auf beiden Augen. Und so trappeln wir dann los ins Leben. Ich stelle mir hier gerne vor, dass ich einem ganz windigen Straßenverkäufer begegne, der Bücher im Sortiment hat und er will mir eines davon „andrehen“. Eines davon preist er besonders an, er meint: „Das verändert Dein Leben!“. Und weil ich nett bin und Zeit habe, frage ich worum es in dem Buch geht. So schießt er los und berichtet mir von diesem kleinen süßen Fratz, der Hauptdarstellerin und ihrem krass mühsamen Weg. All dem Trauma, der Krankheit, einer Herausforderung nach der anderen und er verkauft mir das alles mit dem fettesten Lächeln, dass ihr euch vorstellen könnt. Ich meine noch: „Naja, das ist aber keine sehr feine Geschichte, oder?“ Worauf hin er strahlt und sagt: „Es ist eine große Liebesgeschichte!“ Und während ich mir denke, dass ich mir das Stehenbleiben und die Nettigkeit sparen hätte können und meine innere Stimme schreit, dass Drogen echt nicht leiwand sind, frage ich nach: „Eine Liebesgeschichte?“ Er entgegnet fest entschlossen: „Ja, es ist Deine!“ Jede_r andere würde an dieser Stelle wohl weglaufen, ich bleibe stehen. Der Straßenverkäufer schaut mir tief in die Augen- by the way creepy – und sagt: „Es ist Deine, Du hast sie Dir ausgesucht!“
Und jetzt frage ich Euch: „Wer würde sein eigenes Buch kaufen?“ Wer würde im vollen Bewusstsein, all der Dinge, all der Herausforderungen, all den großen und kleinen Happenings, die in der Story passieren zuschlagen? Wer würde, ohne zu zögern JA sagen? Wer lässt sich darauf ein? Und wenn ich sage „einlassen“, dann meine ich im vollen Bewusstsein. Also ohne 3 Promille extra oder 2 Schwammerln intus. Harter Tobak, oder? Es würde voraussetzen, dass wir nicht nur daran glauben, dass dies mehr ist als eine Annahme, sondern dass wir blindes Vertrauen in etwas haben, was wir nicht sehen, nicht überprüfen können. Krasserweise in uns selbst. Darin, dass wir mehr wissen, als wir wissen, wenn ihr versteht, was ich meine. Vor allem aber darin, dass alles zu unserem absolut besten passiert oder passieren soll. Also um ehrlich zu sein, bezweifle ich drastisch, dass jeweiliges Exemplar weg geht, wie die „warmen Semmeln“. Ob das nicht sogar ein Ladenhüter wäre? Hmm?
Und andere würden wahrscheinlich sagen: „Pff, ich schreib meine eigene Geschichte, ich lass mir so einen Müll doch nicht aufschwatzen, dass eh schon alles vorherbestimmt ist.“ Nun-ja, laut dieser Theorie, hast du das eh selbst geschrieben, also: „Dein ist das Urheberrecht!“ 😉 Andere würden sich eventuell kämpferisch zeigen: „Ha, nix da, ich zeig Euch (=in diesem Zusammenhang steht Euch wohl dann für das Universum, oder so?) mal, dass ich total spontan handeln kann und ihr da gar nichts zu sagen habt“ und endet auf der Krankenstation, wo er oder sie seine oder ihre große Liebe trifft, ergo treffen soll. Hihii, ich finde es lustig. Hab mir jetzt bewusst ein netteres Ende ausgesucht.
Mein Buch hätte ich wohl: „peekaboo i see you“, „fosterchild“ oder mit 2 Schwammerln intus „enjoy the ride“ genannt. So oder so wäre es eine traurige Komödie. Ein Oxymoron. Zwei Dinge, die sich widersprechen, aber doch alles seinen Sinn hat und zusammengehört, weil es immer so sein sollte. In jedem Fall mit „happy end“, sonst schick ich das Buch retour, aber so was von! Und, es wird ein Bestseller. Und im Flappentext (sagt man das so?) würde stehen: „War es immer nett? Ne fix nicht. War es immer traurig? Safe nicht. War es die Reise wert? Every single minute!“ Ach so, working in progress …. 😉