Wenn wir auf Menschen (wieder-) treffen, die wir länger nicht gesehen haben, kommt das Thema „Veränderung“ oder „(Weiter-) entwicklung immer wieder zur Sprache. Wir betonen dann besonders Dinge, Situationen und Menschen, die uns verändert haben, neu geprägt haben. Vielleicht sagen wir sogar, dass wir: „gar nicht mehr die Person sind, die wir einst waren!“ Doch, stimmt das? Verändern wir uns wirklich im Laufe der Zeit? Entwickeln wir uns tatsächlich weiter? Oder bleiben wir für immer nur verletzte Kinder im Körper von Erwachsenen gefangen? Verlassen wir mit unserem Verhalten je die Sandkiste, oder bleiben wir zwischen dem Burgenbauen und dem Wasserkanal graben am Spielplatz stecken? Können Menschen sich tatsächlich verändern? Und wenn ja, was ist dazu nötig? Was braucht es, um sich zu verändern?
Vorweg, ich denke das Entwicklung und Veränderung zwei Dinge sind. Wir Menschen entwickeln uns, jeder von uns. Nicht nur körperlich, sondern auch geistig. Sonst würde ja nie jemand lernen zu kommunizieren, egal auf welche Art und Weise. Und niemand würde je die Krabbelstube verlassen und gehen lernen. Wir entwickeln uns vom Kind zum Erwachsenen, zumindest mal optisch. Egal, ob wir das möchten oder nicht, diesen Prozess können wir nicht aufhalten, oder noch nicht. Und da ist es auch komplett „Banane“, wie viel Gemüse wir essen, Sport betreiben, Cremes auf uns „klatschen“ oder Onkel Doktor besuchen.
„Veränderung“ ist meiner Meinung nach das, was in uns stattfindet. Unsere Werte, unsere Glaubenssätze, die Art wie wir Dinge wahrnehmen, unser Verhalten ganz allgemein. Und da wird es weit diffiziler. Jede Form des Lernens bedingt Reflektion. Das heißt ich denke darüber nach, warum etwas funktionier, oder eben nicht und wie ich mich dabei fühle, sogar, was das mit Menschen rund um mich macht. Und ich beginne zu adaptieren. Es ist ein stetiger Prozess. Aber was ist, wenn ich nicht darüber nachdenke? Gibt es das überhaupt? Gibt es Veränderung ohne Denken? Oder braucht es sogar ganz einschneidende Erlebnisse, um nicht zu sagen, traumatische Ereignisse, dass wir uns verändern? Geht Veränderung nur über Traumata, oder auch über die Liebe? Verändern wir uns, wenn wir uns selbst oder ein anderer Mensch uns nur genügend liebt?
Hmm? Ja, ich denke, dass Trauma uns verändert? Aber ich denke auch, dass wir selbst immer noch bestimmen, wohin langfristig. Geben wir dem Schmerz, dem Schatten nach und bleiben im Dunklen oder kämpfen wir uns zurück ins Licht und bleiben dort mit neuen Erfahrungen? Und ja, ich denke auch, dass uns die Liebe verändert. Na hoffentlich!!! 😉 Wir wollen die beste Version von uns sein, uns wohlfühlen in unserer Haut, wir nehmen uns an, sind stolz auf uns. Also sind es sichtlich die Extreme, die uns einen Stups geben? Ich denke ja! Warum sonst verändere ich etwas? Wenn alles fein ist, wenn alles okay ist, warum sonst? Ich ziehe nicht einfach aus einer Wohnung aus, wenn alles passt, oder? Sondern nur, wenn da ein Impuls ist, extern oder intern.
Aber ich denke auch, dass dafür immer ein bewusster Prozess stattfindet. Ich drücke es mal so aus. So wie ich das sehe, erhalten wir in unserer Kindheit von unserer nächsten Umgebung, also meistens unseren Eltern „Bundstifte“. Damit meine ich Grundlagen. Manche erhalten mehr Farben und manche weniger, aber da ist so ein Grundstock an Stiften, die wir im Gepäck haben und so starten wir auch mal da draußen in der weiten, weiten Welt. Zumeist im jugendlichen Alter, mögen wir diese Farben gar nicht, wir finden sie doof und zweifeln an, dass genau diese Farbpalette überhaupt Sinn macht. Manchmal bleibt das so und manchmal, wenn wir älter werden, stellen wir fest, dass der eine oder andere Bundstift doch nicht sooo arg blöd ist.
Einige Menschen kommen gut mit der Anzahl an „Schreiberlingen“ gut zu recht und es braucht gar nicht mehr davon. Andere stellen fest, dass da Farbtöne fehlen und entwickeln selbst neue. Ich denke, ich gehöre zu letzterer Kategorie. Ich habe nicht so viel mitgekommen und einige der Farben gefallen mir bis heute nicht. Das Ding ist, diesen Grundbausatz wird man nicht los. Diese Stifte, egal was wir machen, bleiben in der Box, die wir erhalten haben. Und je verzwickter die Situation in unserem Leben, desto mehr drängen sich genau diese Bundstifte auf. Es sind immer wieder die ersten, nach denen wir greifen wollen.
Oder anders gesagt, ich denke wir gehen Wege, weil ich denke, dass Leben Prozess ist. Also sind wir am Weg zu etwas hin, von etwas weg, das ist egal. Und es ist auch egal, ob wir uns zwischendurch in einem Motel erholen, also einfach mal ne Zeitlang verweilen, wir sind am Weg. Und gerade wenn wir neue Wege gehen, dann sind wir unsicher, aufgeregt, ängstlich. Hoffentlich auch freudig und aufgeregt 😉. Und auf diesem Weg fallen wir hin, wir verletzten uns oder werden von anderen verletzt. Und diese Wunden, diese Narben gehen mit uns. Sie sind da, sie prägen uns, wir können sie sehen und manchmal spüren wir sie noch. Aber sie sind da und sie bleiben unser Leben lang da.
„Verändern“ ist für mich also ein stetiger Prozess, ein stetiges Lernen und immer wieder eine stetige Entscheidung für etwas oder gegen etwas. Manchmal fällt es uns leichter und manchmal ist es super hart, dranzubleiben, dabei zu bleiben auf dem Weg, für den wir uns entschieden haben, mit genau der Farbenpallette die uns gefällt. Es ist anzuerkennen, dass die Grundfarben da sind und dass es gut ist, dass sie da sind. Weil sie uns daran erinnern, wer wir waren, wer in uns steckt, an den Weg der hinter uns liegt aber viel mehr, an das wunderschöne Bild das wir aus eigener Kraft gemalt haben!
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