Letzte Woche als ich die Medien verfolgt habe, war ich – wieder mal – sehr traurig. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich deshalb die Medienerstattung nicht gerne verfolge. Sie ist geprägt von Dingen, die nicht fein sind, um es vorsichtig zu sagen. An diesem Tag hieß es, dass es in Wien Demonstrationen gab, da eine Dragqueen Kindern vorlas. Ehrlich ich verstehe es – (auch hier) wieder mal – nicht so ganz? Was kann, soll oder ist daran quer, außer vielleicht die Denkweise mancher Mitmenschen? Jedes Mal, wenn ich denke wir sollten weiter sein in unserer Toleranz, in unserem Miteinander, in unserem Denken, kurzum in unserem Herzen, Nöp! Es berührt mich, macht mich traurig, macht mich wütend! Für mich werden unsere Kinder absolut pur, rein, ohne Vorurteile, ohne Vorbehalte geboren und dann kommen wir, die Erwachsenen, die Vorbilder, die „Vorleber“, mit unserem Denken und mit unseren Begrenzungen und Hebeln das auf was so gut und rein vorhanden. Oftmals nicht zum Guten.
Mein Herz sagt mir, dass es egal ist, ob jemand grün, getupft klein oder groß ist. Es ist vollkommen und total irrelevant, ob jemand im feinen Zwirn vor mir steht oder 1.000 Jahre Berufserfahrung hat, es ist so etwas von Wurst, ob die Person tätowiert ist, lila Haare hat oder einen schwarzen Lippenstift trägt. Das alles sagt gar nichts darüber aus, ob er oder sie ein guter Mensch ist, ob er oder sie den Job gut macht, ob er oder sie einen positiven Einfluss auf unser Miteinander hat. Null! Im Laufe der Zeit habe ich immer wieder Menschen kennengelernt, die andere in irgendeiner Form diskriminiert haben und dann ihren Monolog schlossen mit: „Gott möchte das nicht!“ Mein Gedanke: „Ah okay, also hast Du ihn persönlich getroffen und daher weißt Du es, oder?“ Bullshit! Ich bin sicherlich nicht der gläubigste Mensch, noch kenne ich die Bibel auswendig, allerdings bin ich total sicher, dass das nicht drinsteht. Beruht das meist duplizierte Buch nicht auf Liebe und Toleranz? Sind das nicht die Grundpfeiler? Abgesehen davon, zählt für mich der Glaube auch in diese Kategorie, nämlich jede_r soll bitte an das glauben, was persönlich wichtig scheint – solange es andere nicht verletzt!
Aber es scheint als wäre Vielfalt noch immer ein rotes Tuch und die Konformität gewünscht, aus der so viele Vorurteile und unsinnige Vorgaben trällern. Dort, wo die Konformität, kurz die Angst zu Hause ist, haben Tattoos angeblich nur jene, die im Gefängnis waren. Stark geschminkt sind Prostituierte. Krassen Schmuck tragen nur Zuhälter, aber schon gar keine Männer. Frauen, die für sich einstehen, ihre eigene Meinung haben, ihren Weg gehen, sind entweder totale Emanzen oder Feministinnen, in jedem Fall aber unangenehm. Männer, die Karenz nehmen wollen, sind keine wahren Männer. Menschen die rund und gesund sind, sind laut deren Meinung vor allem eines, nämlich faul. Und so geht es weiter und weiter. Diese Sichtweise lässt kaum zu, dass wir anderen unvoreingenommen begegnen. Aber jeder Mensch hat seine ganz eigene Geschichte und Erfahrungen gemacht und aufgrund dieser trifft er Entscheidungen und lebt sein Leben. Wir wir aussehen, wen wir lieben und wie wir leben, ist alleinig unsere Entscheidung und das ist gut so. Für mich zählt jeweils nur das Herz des Menschen und wie er mit anderen umgeht. Punkt.
Aber zurück zum Bericht. Drag ist eine Kunstform, die mir sehr nahe ist. So wie ich es verstehe, geht es einerseits darum die Welt bunter zu machen und ich begrüße das ohne Ende! Ich sag ja immer, dass ich bin wie ein kleines Kind bin und Kinder mögen es bunt. Bunt wie der Regenbogen, so soll es sein. Und andererseits werden Rollen erschaffen, Rollen die von Vielfalt erzählen und es oftmals den Menschen dahinter einfacher machen mit ihren Wunden umzugehen und diese zu heilen. Es ist auch eine Maske, um mit erlebten Traumata besser umgehen zu können. Das außen bunte und lustige feiert das Leben und ist ein Schutzmantel, der die Wunden verbirgt, bis irgendwann hinter den Farben verblassen. Und Leute, machen wir das nicht alle auf die eine oder andere Art und Weise? Deshalb hab ich mein Clownmädchen, mein Clowneskes Wesen, meinen Humor erschaffen, andere ziehen Anzüge an, wiederum andere sind zwar keine Dragkünstler und legen dennoch viel Make-up auf. Ist das nicht eine wunderbare Erscheinungsform mit den Narben des Lebens umzugehen? Dem Leben auch in absoluten miesen Zeiten ein Lächeln entgegenzusetzen? Ist das nicht so viel schöner, als am Leben zu verzweifeln oder anderen die Schuld zu geben oder anderen weh zu tun, weil ich so unfassbar verletzt worden bin?
Wenn wir bei der Dragqueen Lesung bleiben, wem fügt das Schmerzen zu? Wem schadet das? Den Kindern mal fix nicht. Und der Dragqueen auch nicht, wären da nicht jene die protestieren und es für unangemessen bewerten. Das ist nämlich verletzend. Wäre die bessere Botschaft nicht gewesen, wie schön es ist diese Dragqueen kennenzulernen, ihre Geschichte zu hören, ihr Herz zu sehen? Ru Paul sagt immer: „We’re all born naked and the rest is drag?“ und das sehe ich ganz genauso! Wir sind alle gleich geboren, fürs erste mal nackt, egal wo und egal, ob reich oder arm (finanziell oder emotional) und der Rest ist, wie wir dem Leben begegnen und auch das hat nichts mit Geld zu tun, sondern nur wer wir tief in unserem Inneren sind. Ich bin dieses kleine Kind, das sich trotz aller traurigen, niederschmetternden, traumatischen, in die Knie zwingenden Erlebnisse eines bewahrt hat – ihr Feuer, ihre Lebensfreude und ihr Leuchten.